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[Workshop] Silicon Landscapes. Imaginationen, Materialitäten und (Geo-)Politiken eines Rohstoffs



Zeit: 22. - 23.5.2025

Ort: Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Europäische Ethnologie, Anton Wilhelm Amo-Str. 40, 10117 Berlin

Anmeldung: Bis zum 15.04.2025 an moritz.altenried@hu-berlin.de

Der Workshop findet in Präsenz und auf Deutsch statt. Der Vortrag von Erin McElroy wird in englischer Sprache und Online stattfinden und für alle Interessierten zugänglich sein


Silicium (englisch: silicon) ist zentraler Rohstoff für die Materialitäten und Imaginationen der digitalen Welt. Das englische Wort silicon ist heute untrennbar mit dem Silicon Valley und der zentralen Rolle von Tech-Konzernen im digitalen Kapitalismus verbunden. In dieser Konstellation steht silicon für eine neue Variante der “Kalifornischen Ideologie” und stellvertretend für Tech-Solutionismus und kreativ-immateriell gedachte Arbeitskulturen der Branche. Der Erfolg dieser Erzählung inspiriert weltweit Städte und Regierungen, ihre eigenen silicon regions auszurufen, um an dieser Erzählung und Ökonomie zu partizipieren. Mit der Idee einer “Silicon Savannah” (Nairobi, Kenia) oder der Erzählung von Rumänien als dem “Silicon Valley Osteuropas” verbinden sich Hoffnungen auf ökonomisches Wachstum durch die Konzentration von Start-Ups und die Förderung digitaler Kreativarbeit.

Die ursprüngliche Bedeutung von silicon als zentrale Ressource zur Herstellung moderner Halbleiterchips gerät dabei in Vergessenheit. Dies gilt auch für das Silicon Valley, das kaum noch mit der Produktion von Halbleitern in Verbindung gebracht wird. Dabei war es die Entwicklung und Produktion immer kleinerer und leistungsfähiger Mikrochips auf Siliciumbasis, die dieser Region ihren Namen und ihre initiale Dynamik gaben. Von der Produktion dieser Chips bleiben hier allerdings nur noch Spuren, etwa in Form von irreversiblen Bodenverschmutzungen an ehemaligen Produktionsstätten. Die Herstellung der Halbleiter hat sich inzwischen fast vollständig nach Ostasien verlagert, insbesondere Taiwan.

Leistungsfähige Halbleiter sind eine Schlüsselkomponente für zahlreiche Produkte, von Smartphones und Satelliten über Autos und Kühlschränke zu allen Anwendungen künstlicher Intelligenz. Vor diesem Hintergrund rücken ihre Produktionsgeografien und Lieferketten heute wieder in den Fokus und werden als entscheidende Faktoren ökonomischer, politischer und militärischer Vorherrschaft verhandelt. Im Kontext eines viel beschworenen “Chip War” werden etwa die chinesischen Ansprüche auf Taiwan mit seinen überlegenen Produktionskapazitäten als eine existentielle ökonomisch-militärische Bedrohung für den globalen Norden gesehen. In Reaktion auf diese Lage bemühen sich Regierungen um nearshoring und vergeben Subventionen in Milliardenhöhe, um die Produktion von Halbleitertechnologie in ihr eigenes Staatsgebiet und ihre Einflussphäre zu verlagern. Die dadurch entstehenden “Silicon Landscapes” erinnern stärker an die Ursprünge als an die Gegenwart des Silicon Valley. Denn auch wenn der Mythos der Kreativarbeit hier gelegentlich bemüht wird, geht es bei den neuen Halbleiter-Clustern, etwa im “Silicon Saxony” (Deutschland) oder in den “Silicon Alps” (Österreich), um materielle und hochkomplexe Produktionsprozesse auf Basis des Rohstoffs Silicium.

Der Workshop möchte den verbundenen Materialitäten, Imaginationen und (Geo-)Politiken des Siliciums/silicon auf den Grund gehen und versammelt dafür Forschung zu unterschiedlichen “Silicon Landscapes”, von kalifornischen Tälern über sächsisches Tiefland bis in die österreichischen Alpen.

 

  • Erin McElroy
    University of Washington
    stellt ihr Buch “Silicon Valley Imperialism” vor und untersucht die Mobilisierung der Kalifornischen Ideologie im Kontext des postsozialistischen Rumäniens.
  • Katja Schwaller
    Stanford University
    untersucht die «partizipativen» Campuslandschaften und «nachhaltigen» Stadtimaginationen großer Tech-Konzerne im Silicon Valley.
  • Moritz Altenried, Alexander Harder, Gloria Albrecht und Marthe Völker
    Humboldt-Universität zu Berlin
    präsentieren ihre Forschung zum “Silicon Saxony” und der Geschichte und Gegenwart der Halbleiterproduktion in Ostdeutschland.
  • Loren Grbic und Anna Pillinger
    Johannes Kepler Universität Linz
    erforschen die Verbindungslinien zwischen der Halbleiterindustrie im Süden Österreichs, EU Policies und Imaginaries im Kontext der "Silicon Alps" und darüber hinaus.
     

Organisiert von Moritz Altenried, Alexander Harder und Mira Wallis am Institut für Europäische Ethnologie (IfEE) der Humboldt-Universität zu Berlin.

In Zusammenarbeit mit dem Forschungslabor “Culture, Society and the Digital” (IfEE), dem Projekt “SoLiXG: The Social Life of XG. Digital infrastructures and the reconfiguration of sovereignty and imagined communities” und dem Berliner Institut für Empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM).