Forschungsprojekt „Vom Heimatfest zum Stadtevent“
Projektbeginn: | Dezember 2011 |
Förderinstitution: | Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) |
Das Projekt untersucht die Entstehung von Stadtfesten neuen Typs, die sich in den 1980er Jahren zu entwickeln begannen. Mit der Festivalisierung der Stadtkultur wurden hier erste popkulturelle Formate und Inhalte entwickelt, die einen neuen Zusammenhang von Festkultur und Stadtkultur herstellen. Einerseits wurden dabei lokale und volkskulturelle Traditionen als legitimatorische Basis genutzt, die andererseits nun aber mit urbanen Praxen und neuen Inszenierungsstrategien verbunden wurden. Die Berliner 750-Jahr-Feier 1987 markiert aufgrund des Zeitpunktes des Jubiläums und seiner politischen wie stadtkulturellen Kontextierung eine zentrale Weichenstellung in dieser Entwicklung vom lokalen Heimatfest zum populärkulturellen und teilweise schon kosmopolitisch inspirierten Event. Diese soll in der doppelten Perspektive ethnologischer und theaterwissenschaftlicher Forschung analysiert werden.
Mit dieser Hypothese baut der Projektantrag auf einem Vorgängerprojekt auf, in dem die Verknüpfung von volkskundlichem Wissen und Festkultur als ein urbanes Format für die Moderne betrachtet wurde. Hier spielten Vorstellungen von Authentizität, Tradition und Lokalität eine wichtige Rolle, wobei die untersuchten Volksfeste in Ost- und West-Berlin bereits im Laufe der 1970er Jahre zunehmend an historisch-kulturellen Bezügen verlieren und ihren regionalen Charakter zum großstädtischen Event hin verändern.
Bei der 750-Jahr-Feier 1987 treffen nun aber zwei konträre Festkulturen aufeinander: die als Festivalisierung bezeichnete gesamtgesellschaftliche Entwicklung der Stadtkultur und die Notwendigkeit einer Darstellung der Stadtgeschichte. Dadurch erhalten volkskundliche und historische Wissensbestände eine neue Relevanz. Das Forschungsprojekt möchte mit der detaillierten Betrachtung exemplarischer Feierlichkeiten des 750. Stadtjubiläums in Ost- und West-Berlin und ausgewählten Stadtfesten in den 1990er Jahren eine historische Überprüfung der Diagnose zeitüberspannender Entwicklungen, wie die der Festivalisierung und Eventisierung, auf mikrosoziologischer Ebene durchführen. Der Fokus richtet sich dabei wiederum auf die Verwendung und Transformation des volkskundlichen Wissens. Ausgehend von der These, dass die Jubiläumsfeierlichkeiten von 1987 in Berlin einen Wendepunkt in der Entwicklung der Festkultur markieren, wird in dem Projekt gefragt, inwieweit das Stadtjubiläum von 1987 als Endpunkt einer traditionellen Festkultur und als Ausgangspunkt für die Etablierung einer imagebezogenen Eventkultur gesehen werden kann.